Artist Statement zur Ausstellung
The Gutenberg Galaxy (Marshall McLuhan)
Buchcover
Ernst-Gerhard Güse
Victor Hugo, Visionen eines Schriftstellers
Als junges Mädchen las ich sehr gerne seine Romane, mein Lieblingsmusical war „Les Miserables“. Als bildenden Künstler lernte ich Victor Hugo erst viel später in Luxemburg (richtig) kennen und schätzen, wo ich während meines Studienaufenthalts immer wieder auf seine Skizzen und Zeichnungen traf. In seinem Wohnhaus in Vianden, das jetzt ein Museum über sein Leben und Werk beherbergt, hatte ich zum ersten Mal die Gelegenheit viele seiner faszinierenden Arbeiten im Original zu sehen. Ebendort bestellte ich mir auch dieses Buch, das ich seitdem immer wieder gerne zur Hand nehme.
Bücher über Hugo als Zeichner gibt es viele. „Victor Hugo – Visionen eines Schriftstellers“ wählte ich wegen der vielen Abbildungen von Hugos Skizzen und Zeichnungen, der interessanten Beiträge renommierter Kunsthistoriker, die sich mit verschiedenen Aspekten in der Kunst Hugos beschäftigen, wegen des Vergleichs mit Goethe und der im Buch gezeigten Übermalungen „Viktor Hugo Zyklus“ von Arnulf Rainer.
Was mich an Hugos Arbeit fasziniert: sein experimenteller Umgang mit dem Zeichenblatt. Hugo zeichnete spontan und intuitiv, er verwendete die verschiedensten Maltechniken in einem Bild, experimentierte mit unterschiedlichem Material, dessen Eigenleben er sich für seine Gestaltung zunutze machte. Vor allem aber inspirierte mich, dass er dem Element des Zufalls sehr viel Raum gab, die Form im Formlosen, den Gegenstand im Ungegenständlichen suchte um daran weiterzuarbeiten und neue Motive entstehen zu lassen, immer interessiert an der spontanen assoziativen Wahrnehmung. So entstanden seine oft auf wenige Formen reduzierten Motive, stimmungsvolle, dunkle, oft auch düstere, sehr kontrastreiche Bilder.
Auch in meiner Arbeit spielt der Zufall eine große Rolle, denn auch wenn ich das Ergebnis meiner fotografischen Bilder im Laufe der Jahre immer besser voraussehen lernte, lasse ich mich nach wie vor selbst gerne überraschen. Hugos Zeichnungen sind für mich nicht nur eine Inspirationsquelle, sondern auch Ermutigung mich weiter mit Fragen der visuellen Wahrnehmung und der individuellen spontanen Interpretation auseinanderzusetzten und zugleich Bestätigung für meinen spielerischen Umgang mit Material und Technik.
Claudia Dorninger-Lehner, 2020